Bundesgesetz über das Normenwesen

Seit dem 1. April 2016 ist das neue Bundesgesetz über das Normenwesen (NormG 2016) in Kraft. Dieses soll nun das bisherige – fast 50-jährige – Normengesetz ablösen und das Normenwesen reformieren. Einzelne Bestimmungen sind bereits seit Anfang des Jahres gültig, andere sollen erst in Zukunft in Kraft treten.

Der Österreichische Städtebund hat, anlässlich vermehrter Normenanforderungen an Städte und Gemeinden und verschiedener aufgeworfener Fragestellungen zum kommunalen Normenmanagement, ein Rechtsgutachten erstellen lassen, um einen Überblick und Klarheit für die betroffenen Normanwender vermitteln zu können. Besonders ging es dem Österreichischen Städtebund darum, die Komplexität und kaum mehr vorhandene Vollziehbarkeit des aktuellen Normenwesens für kommunale Anwender gutachtlich darzulegen. Im Folgenden wurden die wichtigsten Punkte zusammengefasst.

Während die bisherige Kodifikation des Normengesetzes (Normengesetz 1971) ÖNORMEN als einheitliche Kategorie kannte, sieht das NormG 2016 ein anderes System der Normenkategorien vor: Ehemalige ÖNORMEN, jetzige „Nationale Normen“, werden nunmehr in „rein österreichische Normen“ und „übernommene Normen“ unterschieden. „Nationale Normen“ sind Normen, die von der nationalen Normungsorganisation als solche angenommen werden. „Rein österreichische Normen“ werden innerstaatlich erarbeitet, während „übernommene Normen“ von einer europäischen, internationalen oder ausländischen Normungsorganisation ins österreichische Normenwerk übernommen werden.

Die Frage, ob die bisherigen ÖNORMEN noch geltend sind oder nun mit dem NormG 2016 alle Normen neu definiert werden, lässt sich mit einem Verweis auf die explizite Formulierung der „Fortführung der Normungstätigkeit“ beantworten. Daraus lässt sich ableiten, dass bisher vorhandene ÖNORMEN in Zukunft als nationale Normen weiterhin gültig sind.

Das Normengesetz 1971 sah einen besonderen – auch verwaltungsstrafrechtlichen – Schutz der ÖNORMEN gegen Verwendung und Vervielfältigung durch Unbefugte vor, während das NormG 2016 rein privatrechtlich auf den Schutz durch das UrheberrechtsG verweist.
Unter anderem beinhaltet dies den Verweis auf nicht publizierte Rechtsvorschriften in publizierten Rechtsvorschriften.

Gem §8 Abs 2 NormG 2016 hat die Normungsorganisation in Zukunft Stellen vorzusehen, an welchen eine Möglichkeit zur Einsicht besteht. Gem §19 Abs 3 tritt jedoch die zentrale Verbesserung der Zugänglichkeit erst mit 1. Jänner 2018 in Kraft. Bis dahin gilt eine fast zweijährige Legisvakanz.
Laut §9 Abs 2 liegt nun auch eine einfachgesetzliche Kundmachungsverpflichtung rein österreichischer Normen vor.

Für übernommene Normen gilt:

  • Wenn europäische Normen im Amtsblatt der EU (ABl d. EU) publiziert werden, kommt dies einer gleichwertigen Kundmachung zu jener in österreichischen Gesetzblättern gleich.
  • Die jeweilige Gebietskörperschaft hat die entsprechenden Rechte von der Europäischen Normungsinstitution zu erwerben.

Weiter kann der, in einer Norm veröffentlichte, Stand der Technik unter bestimmten Umständen und unter Vorlage entsprechender Argumentation vor Gericht in Frage gestellt werden, jedoch ist hierbei zu unterscheiden, ob es sich um verbindliche Normen handelt oder nicht. Verweist der Gesetzgeber auf eine ÖNORM, so erklärt er diese insoweit zu einer verbindlichen Rechtsnorm. Prinzipiell gilt jedoch: „Soweit Normen nicht per Gesetz oder Verordnung gänzlich oder zum Teil verbindlich erklärt werden, sind sie unverbindlich.“ Die Entscheidung liegt dann grundsätzlich im rechtspolitischen Gestaltungsbereich des Gesetzgebers.

Das vollständige Rechtsgutachten können Sie hier abrufen.

Bild: I-vista  / pixelio.de