VÖWG - Sozial Spezial, No. 9 - 2019                      

Ich freue mich, das aktuelle Sozial Spezial des Verbandes der öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft Österreichs (VÖWG) zu präsentieren. Darin finden sich Kurznachrichten mit Relevanz für den Bereich Soziales und Gesundheit.

Gemeinsam mit meinem Team wünsche ich eine angenehme Lektüre!

Heidrun Maier-de Kruijff

 

Bericht: Arbeit und Qualifikationen im Digitalen Zeitalter

Die Europäische Kommission veröffentlichte im September einen Bericht über die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Arbeitswelt. Unter anderem stellt er Erkenntnisse über das Zusammenspiel von Automatisierung und Arbeitsorganisation, Umfang und Art der Plattformarbeit sowie das Muster des beruflichen Wandels in den  EU-Regionen dar. Neben einem Überblick über Auswirkungen der Digitalisierung auf die Schaffung, Umformung, aber auch Zerstörung von Arbeitsplätzen sowie die Rolle, die ein menschenzentrierter Ansatz in der Arbeitsorganisation in Bezug auf Automatisierung hat, widmet sich ein wesentlicher Teil der Studie dem Thema digitaler Qualifikationen. Es wird diskutiert, wie sich der Qualifikationsbedarf in Richtung digitaler und nicht-kognitiver Fähigkeiten verschiebt. In der EU zeigt sich ein zunehmender Mangel an diesen Fähigkeiten, dem Bildungssysteme im Moment unzureichend begegnen. So verfügt etwa ein Drittel der Arbeitskräfte in der EU über keine oder fast keine digitalen Kenntnisse. Die Zahl der AbsolventInnen im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie liegt in vielen EU-Mitgliedstaaten unter dem Bedarf.

Als eines der zentralen Ergebnisse hält der Bericht fest, dass neue Technologien weniger die Arbeitsplätze als vielmehr die zu erledigenden Aufgaben betreffe. Digitalisierung zeigt deutliche Auswirkungen auf bestehende Arbeitsplätze, indem sich ArbeitnehmerInnen an neue Arbeitsmethoden, Arbeitsorganisationen und Arbeitsmittel anpassen müssen. In diesem Zusammenhang ist es essentiell, dass ArbeitnehmerInnen nicht nur über fachliches Wissen verfügen, sondern ebenso "softe" Fähigkeiten erwerben, die es ihnen ermöglichen, sich Veränderungen anzupassen und flexibler zu reagieren. Dies setzt, so eine Schlussfolgerung des Berichts, eine Bereitschaft zum lebenslangen Lernen voraus.

 

 

Koordinierung der Systeme sozialer Sicherheit: Trilog soll fortgesetzt werden

Nachdem im April 2019 in den Trilogverhandlungen keine endgültige Einigung gefunden werden konnte, wurde eine Reform der Verordnung zur Koordinierung der Systeme sozialer Sicherheit auf die neue - nun gestartete - Legislaturperiode des Europäischen Parlaments verschoben. Dieser Aufschub beinhaltete die Möglichkeit, die Arbeiten an dem Dossier noch einmal komplett neu aufzurollen. Nun hat sich der zuständige Parlamentsausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (EMPL) in einer Sitzung am 3. September 2019 darauf geeinigt, die Arbeit am Dossier nicht neu zu beginnen, sondern die Verhandlungen mit dem Ministerrat fortführen zu wollen. Die im Juli neu ernannte Berichterstatterin Gabriele Bischoff (S&D, DE) soll demnach keinen neuen Berichtsentwurf zum vorgeschlagenen Verordnungstext der EU-Kommission verfassen.

 

 

EU-Kommission berichtet: Regeln über Entsendungen von Arbeitskräften greifen

Am 25. September 2019 hat die Europäische Kommisison einen Bericht zur Durchsetzung der Vorschriften über die Entsendung von ArbeitnehmerInnen veröffentlicht, in dem sie eine ingesamt positive Bilanz zieht. Die Richtlinie zur Entsendung von ArbeitnehmerInnen trat 2014 in Kraft und bietet wichtige Instrumente, um die Umgehung und und den Missbrauch der EU-Vorschriften für Entsendungen zu bekämpfen. Die Richtlinie musste bis 2016 in nationales Recht umgesetzt werden. Der Bericht zeigt, dass dies inzwischen in allen Mitgliedstaaten der Fall ist und die vorhandenen Instrumente zunehmend genutzt werden. Die Umsetzung der Richtlinie könne jedoch in einigen Bereichen, etwa durch eine Verringerung des Verwaltungsaufwandes, verbessert werden. Zum jetzigen Zeitpunkt sei es jedoch nicht nötig, Änderungen an der Richtlinie vorzuschlagen, so ein Schluss der Kommission. Darüber hinaus hat die Kommission auch einen Leitfaden für die Korrekte Anwendung der Vorschriften über die Entsendung von ArbeitnehmerInnen veröffentlicht. Damit sollen ArbeitnehmerInnen, ArbeitgeberInnen und nationale Behörden dabei unterstützt werden, die eigenen Rechte besser zu kennen und die Vorschriften konsequent anzuwenden. 

 

 

Eurofound: Entwicklungen in der Arbeitswelt in der EU - 2. Quartal 2019

Die Europäische Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen, Eurofound, hat Anfang September umfangreiche Informationen zu aktuellen Entwicklungen der Arbeitsbeziehungen und Arbeitsbedingungen in europäischen Ländern veröffentlicht. Das Netzwerk nationaler KorrespondentInnen von Eurofound dokumentiert vierteljährlich die neuesten Entwicklungen in diesen Beobachtungsbereichen. Im letzten Quartal wurde u.a. über folgende Themen berichtet:

  • Beschlüsse des österreichischen Parlaments zu arbeits- und sozialpolitischen Fragen
  • Kritik der belgischen Arbeitgeberverände an dem Unterstützungsdienst für FreiberuflerInnen, der vom größten Gewerkschaftsbund eingerichtet wurde
  • Hohe Erfolgsbilanz in Deutschland bei der befristeten Beschäftigung
  • Digitale Transformation kann ein Risiko für den Arbeitsmarkt in Tschechien darstellen
  • Zunehmende Arbeitsrechtsverletzungen im Jahr 2018 in Bulgarien
  • etc.

 

 

Europäisches Sozialpolitisches Netzwerk (ESPN): Berichte über nationale Strategien zur Bekämpfung von Obdachlosigkeit und Wohnungsausgrenzung

Das Europäische Sozialpolitische Netzwerk (ESPN) hat einen Synthesebericht sowie einige Länderberichte über nationale Strategien zur Bekämpung von Obdachlosigkeit und Wohnungsausgrenzung veröffentlicht. Obdachlosigkeit und Wohnungsausgrenzung sind extreme Formen der sozialen Ausgrenzung. Zwar wurden in einigen Ländern integrierte Strategien entwickelt, die dem Grundsatz 19 der Europäischen Säule sozialer Rechte entsprechen, jedoch bleibt die Bekämpfung von Obdachlosigkeit und Wohnungsausgrenzung eine große Herausforderung in ganz Europa. In den letzten zehn Jahren ist die Obdachlosigkeit schätzungsweise in 24 von 28 EU-Ländern gestiegen.

Basierend auf den nationalen Beiträgen, die von ESPN Länderteams ausgearbeitet wurden, beschreibt der Synthesebericht mehrere wichtige Ergebnisse, unter anderem:

  • Derzeit ist es nicht möglich, die Gesamtzahl der Obdachlosen in Europa anzugeben, weil es keine Daten gibt oder Definitionen und Daten inkonsistent sind.
  • Es gibt Ähnlichkeiten in den Profilen von Obdachlosen in ganz Europa (meist Männer im erwerbsfähigen Alter) sowie neue Profile mit spezifischen nationalen Kontexten (zB junge Menschen und eine ältere Kohorte von Obdachlosen). Frauen und Kinder bleiben hingegen eher eine unsichtbare Kategorie (oft mit informellen, "versteckten" Unterkunftslösungen), da Obdachlosigkeit und Wohnungsausgrenzung nur eingeschränkt definiert ist.
  • In den meisten EU-Ländern sind langjährige oder jüngere negative Entwicklungen am Wohnungsmarkt (zB starke Mietpreissteigerungen, erhöhte Unsicherheit bei Besitzverhältnissen, zunehmende Zwangsräumungen) die Hauptdeterminanten für einen Anstieg von Obdachlosigkeit und Wohnungsausgrenzung.
  • Integrierte strategische Reaktionen auf Obdachlosigkeit und Wohnungsausgrenzung nehmen in der gesamten EU zu, obwohl der Nachweis ihrer Wirksamkeit nach wie vor knapp ist. Nur wenige Länder verfügen über starke evidenzbasierte Mechanismen, die es ermöglichen, die Umsetzung ihrer Strategien zu bewerten.
  • Es gibt Hinweise auf eine zunehmende Tendenz in Richtung "wohnungsorientierter" Dienstleistungen (zB Housing First) in ganz Europa. Dabei herrscht insgesamt das sogenannte "Treppenmodell der Obdachlosenversorgung" vor, in dem der Fokus darauf gelegt wird, jemanden durch Unterstützung und Beratung auf ein eigenständiges Leben vorzubereiten.

Der Synthesebericht enthält auf Basis dieser Erkenntnisse mehrere Empfehlungen und fordert insgesamt wirksamere politische Maßnahmen auf europäischer und nationaler Ebene zur Verhinderung und Verringerung von Obdachlosigkeit und Wohnungsausgrenzung.

 

 

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