VÖWG - Sozial Spezial, No. 3 - 2019                       

Ich freue mich, das aktuelle Sozial Spezial des Verbandes der öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft Österreichs (VÖWG) zu präsentieren. Darin finden sich Kurznachrichten mit Relevanz für den Bereich Soziales und Gesundheit.

Gemeinsam mit meinem Team wünsche ich eine angenehme Lektüre!

Heidrun Maier-de Kruijff

 

Das VÖWG - Sozial Spezial versucht sich ab dieser Ausgabe an einem neuen Design mit weniger, dafür etwas ausführlicheren Berichten. Die Beiträge sind nun außerdem nach thematischen Schwerpunkten gegliedert, die je nach Aussendung leicht variieren können. Wir hoffen, dass Sie Gefallen an unserem neuen Format finden und freuen uns wie immer über Anregungen und Rückmeldungen!

 
 

 Gesundheit

 

EU-Strukturfonds sollen Gesundheitssysteme besser unterstützen. 

Die Gesundheitssysteme in den EU-Mitgliedstaaten befinden sich im Wandel - Gesundheitsförderung, Krankheitsprävention und die Stärkung von Gesundheitskompetenzen der Bevölkerung sind deutlich in den Fokus geraten. Anstelle der institutionell organisierten Versorgung in Krankenhäusern und Einrichtungen verlagert sich der Schwerpunkt zunehmend auf ambulante oder häusliche Versorgung und Pflege. Immer wichtiger wird außerdem die Verflechtung von Gesundheits- und Sozialdiensten. Eine positive Weiterentwicklung der Gesundheitssysteme erfordert unterschiedliche, langfristig ausgelegte, Infrastrukturinvestitionen, die sowohl Humankapital und innovative Technologien umfassen, als auch neue Formen für die Erbringung von Versorgungsleistungen ermöglichen. Vor diesem Hintergrund berieten sich  die KommissarInnen Corina Cretu (Regionalpolitik) und Vytenis Andriukaitis (Gesundheit und Verbraucherschutz) Mitte Februar 2019 gemeinsam mit Angehörigen und Verbänden der Gesundheitsberufe über die zukünftigen kohäsionspolitischen EU-Investitionen im Gesundheitsbereich. Ziel der Kommission ist es, die Unterstützung der Gesundheitssysteme durch EU-Strukturfonds deutlich zu verbessern. Besonders betont wurde in diesen Gesprächen die Notwendigkeit, auf Ebene der Mitgliedstaaten und Regionen Langzeit-Investitionsstrategien zu entwickeln, die mit kohäsionspolitischen Mitteln unterstützt werden können. Ebenso soll die grenzübergreifende (Notfall-)Versorgung verbessert werden - konkret sollen 15% der Mittel der Interreg-Programme für die grenzübergreifende Zusammenarbeit veranschlagt werden. Grundsätzlich sollen die kohäsionspolitischen Mittel insbesondere Projekte unterstützen, die sich auf einen besseren Zugang zu Gesundheitsversorgung und Abbau von Ungleichheiten im Gesundheitsbereich, die Reformierung der Gesundheitssysteme, die Entwicklung von e-Health- und digitalen Lösungen sowie Forschung und Innovation, Gesundheitserziehung, gesundes Altern sowie Sicherheit Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz konzentrieren. Wie sich die EU-Mittel für Projekte zwischen 2014 und 2018 auf Teilbereiche und verschiedene Schwerpunkte des Gesundheitssektors verteilten, zeigt überblicksmäßig ein von der Kommission veröffentlichtes Factsheet auf. 

 

Digital Health - sicherer grenzüberschreitender Zugang zu Gesundheitsdaten.

Anfang Februar hat die Kommission mehrere Empfehlungen zur Schaffung eines Systems vorgelegt, das BürgerInnen den sicheren Zugang zu ihren elektronischen PatientInnenakten in allen Mitgliedstaaten ermöglichen soll und dabei in voller Übereinstimmung mit der Datenschutz-Grundverordnung steht. Die derzeit bestehenden, national sehr unterschiedlich geregelten Möglichkeiten für BürgerInnen, auf ihre Gesundheitsdaten in digitaler Form zuzugreifen, sollen in den EU-Mitgliedstaaten auf eine einheitliche Basis gestellt werden. Von Seiten der Mitgliedstaaten wurden in diesem Prozess bereits erste Schritte gesetzt, um Teile der elektronischen PatientInnenakten grenzüberschreitend zugänglich und austauschbar zu machen. So können etwa seit Jänner 2019 finnische BürgerInnen in Estland Arzneimittel unter Verwendung elektronischer Verschreibungen kaufen oder luxemburgische Ärtze und Ärztinnen bald auf PatientInnenkurzakten tschechischer PatientInnen zugreifen.

Die nun von der Kommission vorgelegten Empfehlungen sehen vor, dass die Mitgliedstaaten ihre Austauschbemühungen künftig auch  auf die Bereiche Laboruntersuchungen, Krankenhausentlassungsberichte sowie medizinische Bildgebung (inkl. diesbezügliche Berichte) ausweiten, um den digitalen und grenzüberschreitenden Zugang zu PatientInnenakten letztlich vollständig zu ermöglichen.  Durch einen solchen Zugang hätten Ärzte und Ärztinnen bei Aufenthalten in einem EU-Mitgliedstaat sofortigen Zugriff auf Informationen über den/die PatientIn (chronische Erkankungen, Allergien, Vorbehandlungen etc.), wodurch eine rechtzeitige und wirksame Behandlung enorm erleichtert werden kann. Gleichzeitig wird etwa durch die gemeinsame Nutzung von Labor- oder Röntgenergebnisse aber auch die Effizienz und Tragfähigkeit der Gesundheitssysteme unterstützt, da ein Krankenhaus in einem anderen Mitgliedstaat die entsprechenden Tests nicht wiederholen muss und somit Zeit und Kosten spart.

Zur Weiterentwicklung des Informationsaustauschs wird in einem nächsten Schritt ein gemeinsamer Koordinierungsprozess zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten eingerichtet. Dieser soll gewährleisten, dass Interessensträger wie Angehörige der Gesundheitsberufe, PatientInnenvertreter etc. auf nationaler und EU-Ebene Beiträge und Input liefern können. Die Mitgliedstaaten werden im Rahmen des Netzes für elektronische Gesundheitsdienste praktische Leitlinien für die Umsetzung und Überwachung seiner Fortschritte festlegen.

 

 Beschäftigung

 

Arbeitslosigkeit und Langzeitbeschäftigungslosigkeit in Österreich.

Das AMS verzeichnete im Februar dieses Jahres 343.400 Personen als arbeitslos, 66.955 Personen befanden sich zu diesem Zeitpunkt in Schulungen. Nachdem die Arbeitslosenquote seit 2011 kontinuierlich gestiegen ist, ist  nun seit dem Frühjahr 2017 ein deutlicher Rückgang erkennbar. Nach Personenmerkmalen differenziert zeigt sich ein Rückgang in fast allen Gruppen, wenngleich in unterschiedlichem Ausmaß. So ging die Zahl der arbeitslosen oder an Schulungen teilnehmenden Männer etwa im Vergleich zum Vorjahr um knapp über 10% zurück, bei Frauen hingegen nur um 3%. Auch bei den Alterskohorten entwickelte sich der Rückgang unterschiedlich. Bei Jugendlichen (unter 25 Jahren) und bei Personen im Haupterwerbsalter (25-49 Jahre) zeigt sich ein ähnlicher Rückgang von 9,5 bzw. 10,8 %. Im Gegensatz dazu ging die Quote bei der Gruppe der 50-jährigen und älteren Personen mit 1,8% deutlich schwächer zurück. Die gravierendsten Unterschiede lassen sich jedoch bei einer Untergliederung nach gesundheitlichen Einschränkungen erkennen. Während bei Personen ohne gesundheitliche Einschränkungen ein Rückgang um beinahe 10% verzeichnet werden konnte, blieb die Anzahl arbeitsloser oder an Schulungen teilnehmender Personen mit gesundheitlichen Einschränkungen (ausgenommen Personen mit Behinderung) zum Vorjahr unverändert. Bei Personen mit Behinderung ist als einzige Gruppe ein Anstieg von 0,3% zu verzeichnen.

Die gute Konjunkturlage wirkt sich auch auf die Gruppe der langzeitbeschäftigungslosen Arbeitslosen aus - im Vergleich zum Vorjahr ging diese Zahl im Februar 2019 um 7.041 Personen auf eine Gesamtzahl von 103.326 Personen zurück (relativ: -6,4%). Der Indikator der Langzeitbeschäftigungslosigkeit umfasst jene Personen, die beim AMS Österreich länger als ein volles Jahr in unterschiedlichen Vormerk-Status (u.a. Arbeitslosigkeit, Schulung oder Lehrstellensuche) verzeichnet waren. Dennoch sind aktuell dreimal so viele Menschen von andauernder, verfestigter Arbeitslosigkeit betroffen, als vor zehn Jahren. Beinahe ein Drittel aller Arbeitslosen sind damit von Langzeitbeschäftigungslosigkeit betroffen. Besonders schwierig ist eine dauerhafte (Re-)Integration in den Arbeitsmarkt für jene Personen, bei denen mehrere "Vermittlungshemmnisse", wie etwa Alter, Langzeitarbeitslosigkeit oder gesundheitliche Probleme, zusammentreffen.

 

 Sozialpartner

 

Arbeitsprogramm der europäischen Sozialpartner vorgestellt.

Am 06. Februar haben die europäischen Sozialpartner CEEP, BusinessEurope, EGB und SMEunited offiziell ihr 6. Arbeitsprogramm für den Sozialen Dialog für die Jahre 2019-2021 unterzeichnet. Unter dem Motto "Zukunft der Arbeit" sind im Programm die sechs Schwerpunkte

  1. Digitalisierung,
  2. Verbesserung der Performance der Arbeitsmärkte und Sozialsysteme,
  3. Skills,
  4. Psycho-soziale Risiken am Arbeitsplatz,
  5. Maßnahmen zur Kapazitätsbildung für einen stärkeren sozialen Dialog und
  6. Kreislaufwirtschaft festgelegt.

In den letzten Jahren konnten gemeinsame Positionen im Europäischen Sozialen Dialog nur schwer gefunden werden. Vor diesem Hintergrund zielt das Programm nicht auf verbindliche Regelungen ab, sondern legt den Fokus vor allem auf Informationsseminare und Diskussions-veranstaltungen. Durch die Konzentration auf nur sechs Prioritäten soll zudem ein kompaktes Bild des Arbeitsprogrammes entstehen und der von Kommission, Rat und Europäischen Arbeitgebervertretern im Jahr 2016 gemeinsam verlautbarte Neustart für den Sozialen Dialog weiter vorangetrieben werden.

 

Legislatives

 

Europaweites privates Altersvorsorgeprodukt (PEPP) - Trilogeinigung.

Das Europäische Parlament und der Rat erzielten am 13. Februar 2019 eine vorläufige Einigung über den Vorschlag für ein europaweites privates Altersvorsorgeprodukt (PEPP). Der am 29. Juni 2017 veröffentlichte Kommissionsvorschlag zielt darauf ab, einheitliche Vorschriften für die Zulassung, die Herstellung, den Vertrieb und die Beaufsichtigung privater Altersvorsorgeprodukte festzulegen. Diese weisen nach der neuen Regelung somit die gleichen Standardmerkmale auf und werden in der EU unter der Bezeichnung "europaweites privates Altersvorsorgeprodukt" (PEPP) vertrieben. Dadurch sollen VerbraucherInnen aus einer größeren Anzahl von Anbietern wählen können, für Anbieter wiederum sollen gleiche Wettbewerbsbedingungen geschaffen werden. Langfristig soll so ein Binnenmarkt für die private Altersvorsorge ausgebaut und der Wettbewerb zugunsten der VerbraucherInnen gefördert werden.  Zu den bestehenden öffentlichen Pensionssystemen auf nationaler Ebene sowie den Systemen der betrieblichen Altersvorsorge ist PEPP als Ergänzung zu sehen.

Auswirkungen für VerbraucherInnen:

  • Größere Auswahl: VerbraucherInnen können zwischen einer sicheren Standard-Anlageoption und Optionen mit verschiedenen Risikoprofilen wählen.
  • VerbraucherInnenschutz: Die Verordnung soll eine ausreichende Informationsweitergabe über Eckpunkte eines PEPP an VerbraucherInnen gewährleisten.
  • Anbieterwechsel: VerbraucherInnen haben das Recht, spätestens fünf Jahre nach Vertragsabschluss oder anch dem letzten Anbieterwechsel einen anderen Anbieter (im eigenen Land oder in einem anderen Mitgliedstaat) zu wählen.
  • Übertragbarkeit: Bei einem Umzug in einen anderen Mitgliedstaat können VerbraucherInnen weiterhin Beiträge für ihr PEPP zahlen.

Auswirkungen für Altersvorsorgeanbieter:

  • Größenvorteile: Anbieter können ihre PEPPs in mehreren Mitgliedstaaten vermarkten und die Vermögenswerte in effizientere Pools zusammenlegen.
  • Größere Reichweite: Über elektronische Bertriebskanäle können Anbieter VerbraucherInnen in der gesamten EU erreichen.
  • Grenzüberschreitender Vertrieb: Über den "EU-Produktpass" ist es für Anbieter möglich, ihre PEPPs in mehreren Mitgliedstaaten zu verkaufen.

Im nächsten Schritt muss die Verordnung vom Parlament und dem Rat formell angenommen werden, bevor sie in Kraft treten kann.

 

 

IMPRESSUM:

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