VÖWG - Sozial Spezial, No. 2 - 2019                       

Ich freue mich, das aktuelle Sozial Spezial des Verbandes der öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft Österreichs (VÖWG) zu präsentieren. Darin finden sich Kurznachrichten mit Relevanz für den Bereich Soziales und Gesundheit.

Gemeinsam mit meinem Team wünsche ich eine angenehme Lektüre!

Heidrun Maier-de Kruijff

 

Neue EU-Vorschriften zur Vorlage von öffentlichen Dokumenten. Etwa 17 Millionen EU-BürgerInnen leben in einem anderen EU-Land als ihrem eigenen. Rund zwei Millionen BürgerInnen sind sogenannte GrenzgängerInnen, die täglich für die Arbeit oder das Studium in ein anderes Land pendeln. Am 16. Februar 2019 sind in der Europäischen Union neue Vorschriften in Kraft getreten, die den Verwaltungsaufwand und die Kosten für EU-BürgerInnen reduzieren sollen, die in einem anderen Mitgliedstaat außer ihrem Heimatland leben oder arbeiten. Bisher mussten diese EU-BürgerInnen die Echtheit ihrer öffentlichen Dokumente (Geburts-, Heiratsurkunde, Strafregisterauszug etc.) mit einem Stempel belegen lassen. Nach den neuen Vorschriften müssen nun öffentliche Dokumente, die in einem EU-Land ausgestellt wurden, von den Behörden eines anderen Mitgliedstaates als verbindlich anerkannt werden, ohne dass ein Echtheitsstempel angebracht werden muss. Außerdem wird die Verpflichtung der BürgerInnen abgeschafft, in allen Fällen eine beglaubigte Kopie und Übersetzung ihrer öffentlichen Dokumente vorzulegen. BürgerInnen können nun ein mehrsprachiges Standardformular beantragen, das in allen EU-Sprachen verfügbar ist und als Übersetzungshilfe im Anhang ihres öffentlichen Dokuments vorgelegt werden kann, um Übersetzungsanforderungen zu vermeiden. Wenn die empfangende Behörde begründete Zweifel an der Echtheit eines öffentlichen Dokuments hat, kann sie seine Echtheit bei der ausstellenden Behörde des anderen EU-Landes über die  IT-Plattform "Internal Market Information System" (IMI) überprüfen. Die Public Documents Regulation wurde bereits 2016 verabschiedet; die Mitgliedstaaten hatten nun zweieinhalb Jahre Zeit, um sich an die neuen Vereinfachungen anzupassen.

 

 

Schutz vor krebserzeugenden Chemikalien am Arbeitsplatz (dritte Charge). Am 29. Jänner 2019 wurde im Trilog zwischen Europäischem Parlament, Rat und der Kommission eine vorläufige Einigung über den dritten Vorschlag zum Schutz von ArbeitnehmerInnen vor krebserzeugenden Stoffen erzielt.  Damit werden fünf weitere chemische Stoffe in die Liste der Richtlinie über Karzinogene und Mutagene aufgenommen. Darunter sind etwa Cadmium und seine anorganischen Verbindungen, Arsensäure und ihre Salze sowie anorganische Arsenverbindungen oder Formaldehyd. Die Arbeitsschutzvorschriften für diese Chemikalen betreffen beispielsweise die Herstellung von Nickel-Cadmium-Akkumulatoren, die Zink- und Kupferverhüttung, das Bestattungs- und Einbalsamierungsgewerbe, die Elektronikbranche oder die Kunststoffherstellung und Recyclingindustrie. Mit einem Anteil von 53%  an allen arbeitsbedingten Todesfällen ist Krebs die häufigste arbeitsbedingte Todesursache in der Europäischen Union. Die Bekämpfung von Krebserkrankungen sowie die Schaffung eines gesünderen, sichereren Arbeitsumfelds sind daher wichtige Grundsätze der europäischen Säule sozialer Rechte.

 

 

Vorläufige Einigung über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen. Am 6. Februar wurde in den Trilogverhandlungen zur Richtlinie über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen eine vorläufige Einigung zwischen Europäischem Parlament, Rat und Kommission erzielt. Die Richtlinie soll die bisherige Richtlinie über schriftliche Erklärungen ersetzen und trägt vor allem zur Umsetzung des Grundsatzes "sichere und anpassungsfähige Beschäftigung" sowie des Grundsatzes "Informationen über Beschäftigungsbedingungen und Kündigungsschutz" der europäischen Säule sozialer Rechte bei. Der Rechtsakt soll den Schutz der ArbeitnehmerInnen verstärken, indem die Bestimmungen zu den Aufklärungspflichten der ArbeitgeberInnen gegenüber den ArbeitnehmerInnen über die Bedingungen ihres Arbeitsverhältnisses an die aktuellen Entwicklungen am Arbeitsmarkt angepasst werden. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf der Schaffung von Regelungen für die zunehmend auftretenden atypischen Beschäftigungsformen (z.B. Null-Stunden-Verträge oder Plattformarbeit). Als eine der zentralsten Inhalte der vorläufigen Einigung kann die Bestimmung gelten, nach der ArbeitnehmerInnen und ArbeitgeberInnen gemeinsam vereinbaren, in welchem Zeitraum sich ArbeitnehmerInnen bereithalten müssen und wie lange vorher der/die ArbeitgeberIn über die Arbeitszeit Bescheid geben muss. Es werden also keine harten Fristen durch die Richtlinie vorgegeben, sondern diese basieren auf Verhandlungen zwischen ArbeitgeberIn und ArbeitnehmerIn. Außerdem können ArbeitnehmerInnen nun gleichzeitig eine Beschäftigung bei einem/einer anderen ArbeitgeberIn aufnehmen und die Probezeit wurde auf höchstens sechs Monate beschränkt.

 

 

Vorläufige Einigung über Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben. Ebenso eine vorläufige Einigung wurde Ende Jänner 2019 in den Trilogverhandlungen zur Richtlinie über die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben erzielt. Dieser Richtlinienvorschlag ist eines der Ergebnisse der europäischen Säule sozialer Rechte und Teil der Initiative "New Start", um den Herausforderungen der Vereinbarkeit von Beruf und Familie für berufstätige Eltern und pflegende/betreuende Personen gegenüberzutreten. Die vorläufige Vereinbarung legt einen Vaterschaftsurlaub von mindestens zehn Tagen nach der Geburt des Kindes fest, der auf der Ebene des Krankengeldes vergütet werden muss. Das bestehende Recht auf vier Monate Elternurlaub wird angepasst, indem zwei Monate zwischen den Eltern nicht übertragbar gemacht und eine Entschädigung für diese zwei Monate in einer von den Mitgliedstaaten festgelegten Höhe eingeführt wird. Die Vereinbarung enthält außerdem europäische Bestimmungen für den Urlaub von Pflegekräften; vorgesehen sind fünf Tage pro ArbeitnehmerIn und Jahr.  Als eine der Subsidiaritätsgarantien, die von den Mitgliedstaaten vorangetrieben wurden, sieht die Einigung vor, dass die europäische Mindestschwelle nur für die Zahlung des Vaterschaftsurlaubes gelten; beim Eltern- und Pflegeurlaub obliegt die Entscheidung über die Zahlung den nationalen Regierungen. Der Zugang zu Urlaubszeiten unterliegt außerdem einer gewissen Beschäftigungsdauer beim/bei der ArbeitgeberIn (ein Dienstjahr vor Anspruch auf Elternurlaub, sechs Monate vor dem Anspruch auf Vaterschaftsurlaub).

 

 

Vorläufige Einigung über Europäische Arbeitsbehörde.  Am 14. Februar 2019 haben sich das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission vorläufig über den Vorschlag der Kommission zur Errichtung einer europäischen Arbeitsbehörde geeinigt. Die Behörde soll die faire Arbeitskräftemobilität innerhalb der EU erleichtern und die Zusammenarbeit zwischen nationalen Behörden, etwa bei der Bekämpfung von Betrug und Missbrauch im sozialen Bereich, unterstützen. Die Einigung sieht vor, dass die Europäische Arbeitsbehörde folgende Aufgaben wahrnehmen soll: 1) Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Bereitstellung von Informationen und Diensten für BürgerInnen und Unternehmen; 2) Förderung der Zusammenarbeit und des Informationsaustauschs zwischen den Mitgliedstaaten und Unterstützung der Mitgliedstaaten durch konzertierte und gemeinsame Kontrollen zur Bekämpfung von Missbrauch, Betrug und nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit; 3) Vermittlung bei Streitigkeiten zwischen Mitgliedstaaten. Durch die Arbeitsbehörde werden jedoch keine neuen Zuständigkeiten auf EU-Ebene geschaffen, da die Behörde etwa das Netz der europäischen Arbeitsverwaltungen (EURES) unterstützen und die Aufgaben der Europäischen Plattform zur Stärkung der zusammenarbeit bei der Bekämpfung von nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit übernehmen und ausbauen soll. Die Mitgliedstaaten bleiben weiterhin in vollem Umfang für die Durchsetzung der Arbeits- und Sozialversicherungsvorschriften zuständig. Die Europäische Arbeitsbehörde soll vor allem operative Unterstützung leisten und die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten stärken, sodass die Vorschriften effizienter und leichter durchgesetzt werden können.

 

 

4. Konferenz zu Europäischen Referenz-Netzwerken (ERN). Nachdem im Juli 2016 der erste Call for Proposals erfogt war, wurden die ersten Europäischen Referenz-Netzwerke im Dezember genehmigt und im März 2017 in Vilnius gelauncht. Kein Land alleine verfügt über das Wissen und die Fähigkeit, alle seltenen und komplexen Krankheiten in optimaler Weise zu behandeln. Um die Diagnose und Behandlung eines/einer PatientIn zu überprüfen, können nun ERN-KoordinatorInnen ein "virtuelles" Beratungsboard, bestehend aus FachärztInnen verschiedener Fachrichtungen, einberufen, das sich über eine spezielle IT-Plattform und unter Nutzung von telemedizinischen Tools austauschen kann. Die ERNs bieten somit das Potential, PatientInnen und ÄrztInnen in der gesamten EU Zugang zu den besten Fachkenntnissen und zum zeitnahen Austausch von lebensrettendem Wissen zu verschaffen, ohne dafür in ein anderes Land reisen zu müssen. 24 ERNs arbeiten derzeit an einer Reihe von Themen, darunter Knochenerkrankungen, Krebs im Kindesalter oder Immunschwäche. Bei ihrer Gründung umfassten die Netzwerke mehr als 900 Healthcare Units in 313 Krankenhäusern in 25 Mitgliedstaaten (plus Norwegen). Um die wichtigsten klinischen und organisatorischen Ergebnisse der Netzwerke vorzustellen und die Herausforderungen für die Zukunft zu identifizieren, fand im November 2018 nun bereits zum vierten Mal die ERN-Konferenz statt. An zwei Veranstaltungstagen konnten sich mehr als 400 VertreterInnen von nationalen Behörden, aus den Gesundheitsberufen und EU-Institutionen sowie KrankenhausmanagerInnen, PatientInnenvertretungen und Mitglieder der ERNs intensiv austauschen. Sämtliche Inhalte und Präsentationen der Konferenz sowie zusätliche Informationen sind nun über die Homepage der Europäischen Kommission verfügbar.

 

 

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