VÖWG - Sozial Spezial, No. 5/6 - 2019                       

Ich freue mich, das aktuelle Sozial Spezial des Verbandes der öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft Österreichs (VÖWG) zu präsentieren. Darin finden sich Kurznachrichten mit Relevanz für den Bereich Soziales und Gesundheit.

Gemeinsam mit meinem Team wünsche ich eine angenehme Lektüre!

Heidrun Maier-de Kruijff

 

 Gesundheit

 

Task-Shifting im Gesundheitswesen und wertebasierte Gesundheitsversorgung.

Mit dem Ziel, reflektionsfähige und nachhaltige Gesundheitssysteme zu schaffen und zu sichern, berät ein multidisziplinäres und unabhängiges ExpertInnengremium die Europäische Kommission in Bezug auf wirksame Investitionen in Gesundheit. Das ExpertInnengremium entwirft dazu Stellungnahmen zu Fragen der Modernisierung der Gesundheitsversorgung, der Reaktionsfähigkeit und Nachhaltigkeit des Gesundheitswesens, die von der Kommission vorgelegt wurden. Die Empfehlung ist für die Kommission nicht bindend.

Derzeit arbeitet die ExpertInnengruppe an einer Stellungnahme zum Thema "Aufgabenverlagerung in den Gesundheitssystemen". In diesem Kontext fanden am 04. und 05. Juni 2019 Anhörungen zu wirksamen Investitionen in das Gesundheitswesen statt, die Interessensgruppen die Möglichkeit geben sollten, ihre Positionen zum Entwurf der Stellungnahme einzubringen. Den Link zur Videoaufnahme der Anhörungen finden Sie hier.

Die Stellungnahme liegt bisher in einem Entwurf vor. Das Expertinnengremium befasst sich darin u.a. mit den Fragen, wie und anhand welcher Kriterien geeignete Aufgaben für eine Aufgabenverlagerung identifiziert werden können, welche Voraussetzungen, Schwierigkeiten und Risiken bei der Planung von Maßnahmen zur Aufgabenverlagerung im Rahmen einer Gesundheitsreform berücksichtig werden müssen und wie die Auswirkungen der Aufgabenverlagerung als Beitrag zur Wirksamkeit des Gesundheitssystems gemessen werden können.

 

Europäisches Semester: Länderspezifische Empfehlungen zu Gesundheit

Im Rahmen ihres Aufgabenbereichs, die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung von Reformen der Gesundheitssysteme im Hinblick auf eine alternde Bevölkerung zu unterstützen, hat die Kommission Anfang Juni Vorschläge für länderspezifische Empfehlungen veröffentlicht. Insgesamt 16 Mitgliedstaaten empfiehlt die Kommission darin, in ihre nationalen Gesundheitssysteme zu investieren, deren Wirksamkeit und Widertandsfähigkeit zu erhöhen bzw. den Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen zu erleichtern. Diesjähriger Schwerpunkt ist, u.a. mit Hinblick auf den mehrjährigen Finanzrahmen 2021-2027, die Ermittlung und Deckung des Investitionsbedarfs. Die länderspezifische Empfehlung für Österreich legt den Fokus insbesondere auf die Sicherstellung der Nachhaltigkeit der Gesundheits-, Pflege- und Rentensysteme. Im Zusammenhang mit einem prognostizierten Anstieg der öffentlichen Ausgaben für Gesundheit, Langzeitpflege und Renten stellt die Kommission langfristig mittlere finanzpolitische Nachhaltigkeitsrisiken fest. Bis 2070 ist ein Anstieg der öffentlichen Gesundheitsausgaben um 1,3 Prozentpunkte auf 8,3% des BIP prognostiziert. Der EU-weite Durchschnitt liegt hier bei einem Anstieg von 0,9 Prozentpunkten. Im Bereich der Langzeitpflege werden sich die Kosten im selben Zeitraum wahrscheinlich von 1,9% auf 3,8% verdoppeln. Während die Reform der primären Gesundheitsversorgung und Maßnahmen, die darauf abzielen, die Abhängigkeit vom Krankenhaussektor zu reduzieren, etwa positiv hervorgehoben werden, werden im Zusammenhang mit der Abschaffung des Pflegeregresses steigende Ausgaben prognostiziert.

Die vollständige Empfehlung an Österreich finden Sie hier.

 

 Beschäftigung

 

Auswirkungen und Tendenzen von Digitalisierung in Lehrberufen.

Der digitale Wandel verändert die Arbeitswelt in rasantem Tempo. Auswirkungen der Digitalisierung üben sich auch auf die traditionellen (handwerklichen) Lehrberufe aus. Über das AMS Forschungsnetzwerk wurde dazu im Mai 2019 eine Zusammenstellung der Trends, Entwicklungen und Prognosen von Katharina Welan veröffentlicht. Sie gibt darin zum einen eine Zusammenfassung zu laufenden Entwicklungen bzw. zu Initiativen und Maßnahmen, die gerade in der Planung oder Umsetzung sind, zum anderen befasst sie sich mit aktuellen digitalen Visionen für Lehrberufe in verschiedenen Branchen. Der ausführliche Bericht kann hier abgerufen werden.

 

Armut und Armutsgefährdung von Erwerbstätigen

Das Europäische Sozialpolitische Netzwerk (ESPN) hat einen neuen Bericht zur Bekämpfung von Armut und Armutsgefährdung trotz aufrechtem Arbeitsverhältnis auf europäischer und nationaler Ebene vorgelegt.

Im Jahr 2017 lebten in den EU-Mitgliedstaaten 9,4% aller ArbeitnehmerInnen in armutsgefährdeten Haushalten. Das entspricht einer Anzahl von 20,5 Millionen Menschen. Erwerbstätigkeit wird im allgemeinen als der beste Weg zur Vermeidung von Armut angesehen; dennoch ist in vielen europäischen Ländern eine steigende Zahl von ArbeitnhemerInnen armutsgefährdet. Die Verhinderung von Armut trotz Erwerbstätigkeit (in-work poverty) ist daher ein wesentlicher Aspekt in der Armutsbekämpfung und zur Förderung der Aufwärtskonvergenz des Lebensstandards in allen Mitgliedstaaten. Der Bericht umreißt die folgenden Ergebnisse:

Die Armutsgefährdung trotz Erwerbstätigkeit ist in bestimmten Bevölkerungsgruppen (z.B. junge, schlecht Ausgebildete oder Alleinerziehende) deutlich höher und hat in den letzten Jahren zum Teil zugenommen; die Bekämpfung von Armut trotz Erwerbstätigkeit erfolgt idR mittels einer Kombination von Maßnahmen, die direkten Einfluss darauf haben (z.B. Mindesteinkommen), und solchen, die indirekte Auswirkungen zeigen (z.B. Kinderbetreuung oder Gesundheitsversorgung) - meistens ist die Verhinderung von Armut trotz Erwerbstätigkeit aber kein explizites politisches Ziel; trotz fehlendem explizitem Diskurs hat das Tempo der diesbezüglichen Reformen zwischen 2015 und 2018 in den meisten Ländern zugenommen; die EU-weiten Indikatoren zur Messung von Armutsgefährdung trotz Erwerbstätigkeit stellen eine gute Grundlage für deren Verständnis und Überwachung dar, allerdings wäre eine tiefergehende Aufschlüsselung mancher Indikatoren (zB Armutsraten vor und nach Sozialtransfers) auf der Eurostat-Website wünschenswert.

Der vollständige Bericht kann hier abgerufen werden.

 

Gender Equality 

 

EIGE Bericht: bessere Work-Life-Balance für Schließung des Gender Pay Gaps nötig.

Frauen und Männer stehen in ihrem beruflichen und privaten Leben unterschiedlichen Realitäten gegenüber. Das zeigt sich insbesondere anhand des nach wie vor bestehenden, geschlechterspezifischen Lohngefälles. Aktuell verdienen Frauen im EU-weiten Durchschnitt um 16% weniger pro Stunde als Männer. Am größten sind die Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen in Familien mit Kindern. Das verdeutlicht, in welchem Ausmaß Familienleben und Kinderversorgung zulasten der beruflichen Situation von Frauen geht. Initiativen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie können dazu beitragen, die Beschäftigung von Frauen zu fördern und das geschlechterspezifische Lohngefälle zu verringern, wenn sowohl Frauen als auch Männer von den ArbeitgeberInnen darin unterstützt werden, diese Maßnahmen zu nutzen.

Die EIGE (European Institute für Gender Equality) hat dazu letzte Woche auf der hochrangigen Konferenz des rumänischen Vorsitzes über die "Situation moderner Frauen - zwischen Empowerment, Führung und Geschlechterdiskriminierung" einen aktuellen Bericht vorgelegt.

 

Ausschreibung: EWSA "Preis der Zivilgesellschaft" 2019.

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss widmet den Preis der Zivilgesellschaft dieses Jahr mit dem Thema "Stärkung von Frauen in Europas Gesellschaft und Wirtschaft" dem Kampf um die Gleichstellung der Geschlechter. Der Preis kann an alle zivilgesellschaftlichen Organisationen verliehen werden, die in der EU amtlich registriert sind und auf lokaler, regionaler, nationaler oder europäischer Ebene tätig sind. Bewerbungen von Einzelpersonen sind ebenfalls möglich. Teilnahmeberechtigt sind Initiativen und Projekte zur Verbesserung der Chancengleichheit von Frauen und Männern und für mehr Gleichbehandlung in allen Bereichen des wirtschaftlichen und sozialen Lebens, die bereits umgesetzt wurden oder derzeit noch umgesetzt werden.

Der Preis ist mit EUR 50.000 dotiert und wird unter maximal fünf PreisträgerInnen aufgeteilt. Bewerbungen können bis 06. September 2019, 10:00 Uhr eingereicht werden.

Nähere Informationen zum diesjährigen Thema und zu den Einreichungskriterien finden Sie hier.

 

Sozialpartner

 

Forderung des EGB nach einem neuen Sozialvertrag für die EU.

Um das Ungleichgewicht zwischen wirtschaftlichen Freiheiten und sozialen Rechten im europäischen Binnenmarkt auszugleichen und eine echte soziale Marktwirtschaft zu schaffen, fordert der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) einen neuen Sozialvertrag für die EU. Damit sollen Mitgliedstaaten, Betriebe und ArbeitnehmerInnen gemeinsam die großen sozialpolitischen Herausforderungen bewältigen können.

Zentrale Forderungen des EGB im Rahmen dieses Sozialvertrages sind die Herstellung einer Gleichwertigkeit von wirtschaftlicher und sozialer Freiheit, EU-weite Impulse für private und öffentliche Investitionen und eine ausgewogene Wirtschafts- und Budgetpolitik, die nicht nur auf Budgetdisziplin und rein ökonomische Kennziffern fokussiert, sondern sich verstärkt auf soziale Ziele, wie Verteilungsgerechtigkeit oder Verhinderung von Armut konzentriert.

 

Legislativprozesse auf EU-Ebene

 

Sitz der Europäischen Arbeitsagentur wird festgelegt.

Das Verfahren zur Wahl des Sitzes der Europäischen Arbeitsagentur (ELA) wurde am 13. März 2019 eingeleitet. Am 13. Juni werden nun die Mitgliedstaaten im Rat für "Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz" über den Standort der Agentur abstimmen. Die Entscheidung muss einstimmig getroffen werden. Um den Sitz haben sich die Slowakei (Bratislava), Zypern (Nikosia), Lettland (Riga) und Bulgarien (Sofia) beworben.

Die Europäische Arbeitsagentur soll die grenzüberschreitende Zusammenarbeit verbessern, die Koordinierung der Systeme sozialer Sicherheit unterstützen und somit zu einer fairen Mobilität in der EU beitragen.

Mehr Informationen zum Verfahren und den Auswahlkriterien finden Sie hier.

 

 

IMPRESSUM:

Verband der öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft Österreichs (VÖWG)
Geschäftsführung: MMag. Heidrun Maier-de Kruijff

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