VÖWG Verkehr Spezial, No. 04 - 2019

Ich freue mich, das aktuelle Verkehr Spezial des Verbandes der öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft Österreichs (VÖWG) zu präsentieren. Darin finden sich Kurznachrichten mit Relevanz für den Verkehrssektor.

Gemeinsam mit meinem Team wünsche ich eine angenehme Lektüre!

Heidrun Maier-de Kruijff

Europäisches Parlament einigt sich zu Regelungen im Güterverkehr und für FernfahrerInnen.

Das EU-Parlament hat am 4. April über seinen Standpunkt zur Reform der Regelungen im Güterverkehr in der EU abgestimmt und ermöglicht somit die Aufnahme der Verhandlungen mit dem Rat. Das Reformpaket beinhaltet Neuregelungen zur Kabotage (Erbringen von Transportdienstleistungen innerhalb eines Landes durch ein ausländisches Verkehrsunternehmen), zu den Lenk- und Ruhezeiten und zu Entsendungen im Straßentransportsektor.

Der Standpunkt des EU-Parlaments sieht vor, dass Unternehmen die Fahrpläne ihrer FahrerInnen so gestalten müssen, dass diese in regelmäßigen Abständen (mindestens alle 4 Wochen) nach Hause zurückkehren können. Die vorgeschriebene Ruhezeit am Ende der Woche muss außerhalb der Kabine des Fahrzeugs verbracht werden. Künftig sollen FahrerInnen ab dem ersten Tag einer Entsendung vom Prinzip „gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort“ in der Europäischen Union profitieren. Dies betrifft Kabotage-Verkehre und grenzüberschreitende Beförderungen. Ausgenommen sein sollen Transitverkehre sowie bilaterale Beförderungen und bilaterale Beförderungen mit einer zusätzlichen Be- oder Entladung in jeder Richtung. 
Zur Bekämpfung von Briefkastenfirmen in der Transportbranche müssen die in einem Mitgliedstaat niedergelassenen Unternehmen von dort aus „wesentliche Tätigkeiten” ausüben.
Der Zeitraum für Kabotage-Fahrten soll nach Grenzübertritt von sieben auf drei Tage verkürzt werden (bei unbegrenzt vielen Transporten). Danach muss das Fahrzeug für mindestens 60 Stunden an den Standort des Unternehmens zurück. Das soll eine systematische Kabotage verhindern. Künftig sollen darüber hinaus auch Transporter von mehr als 2,4 Tonnen den gleichen Aufzeichnungspflichten und gesetzlichen Bestimmungen unterliegen wie Lastkraftwagen.


 

30. StVO-Novelle in Kraft getreten.

Mit 1. April 2019 ist die 30. Novelle der Straßenverkehrsordnung in Kraft getreten. Dadurch sollen die Rechte von RadfahrerInnen vereinfacht und verbessert werden. Zudem werden durch die Novelle  die rechtlichen Voraussetzungen für Versuche bezüglich "Rechtsabbiegen bei Rot" geschaffen.
Durch die Änderungen in der Straßenverkehrsordnung muss RadfahrerInnen explizit das Einordnen in den Fließverkehr am Ende eines Radfahrstreifens ermöglicht werden (Reißverschlusssystem).
Es wird klargestellt, dass Fahrzeuge, die ihre Fahrtrichtung beibehalten (geradeaus weiterfahren), Vorrang gegenüber dem Parallelverkehr, der nach rechts abbiegt, haben. Somit haben etwa RadfahrerInnen auf einem Radfahrstreifen Vorrang gegenüber jenen Fahrzeugen, die aus der selben Fahrtrichtung kommen und nach rechts einbiegen.
Versuche zum "Rechtsabbiegen bei Rot" werden durch die Schaffung entsprechender rechtlicher Rahmenbedingungen ermöglicht. Hierfür wurde ein Straßenverkehrszeichen (grüner Pfeil) geschaffen, das StraßenverkehrsteilnehmerInnen über die Möglichkeit des Rechtsabbiegens bei Rot an der jeweiligen Kreuzung informiert. Lastkraftfahrzeuge und Busse mit jeweils mehr als 7,5t höchstzulässigem Gesamtgewicht dürfen bei Rot weiterhin nicht Rechtsabbiegen; Andere Fahrzeuge nur, wenn sie zuvor angehalten haben, andere VerkehrsteilnehmerInnen nicht gefährdet werden und neben dem roten Lichtzeichen das entsprechende Straßenverkehrszeichen (grüner Pfeil) angebracht ist.
Mit fahrzeugähnlichem Kinderspielzeug (Tretroller und Miniscooter ohne Antrieb) darf auf Gehsteigen und Gehwegen in Schrittgeschwindigkeit gefahren werden, wenn FußgängerInnen dadurch nicht gefährdet oder behindert werden. Für elektrisch betriebene Zweiräder gilt dies nicht.

 

EuGH-Urteil über die verpflichtende Ausschreibung regionaler Busverkehre durch Kommunen.

Aus einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 21. März 2019 geht hervor, dass Kommunen Aufträge für den Busverkehr nicht ohne Weiteres per Direktvergabe, ohne vorheriger Ausschreibung, vergeben dürfen. Private Busbetreiber klagten gegen zwei Landkreise in Nordrhein-Westfahlen, da diese Verkehrsverträge für den regionalen Busverkehr ohne vorheriger Ausschreibung direkt vergeben wollten. Der EuGH entschied, dass die EU-Verordnung über die Direktvergabe von öffentlichen Verkehrsverträgen in diesen beiden Fällen nicht anwendbar sei und stellte fest, dass die allgemeinen Vergaberichtlinien anzuwenden seien. Das spezielle EU-Regelwerk, das eine Direktvergabe ausnahmsweise erlaube, gelte lediglich für Aufträge des Eisenbahn- und U-Bahn-Verkehrs. Dem Urteil folgend, wäre die Direktvergabe von Aufträgen über die Personenbeförderung mit Bussen und Straßenbahnen nach dem Vergaberegime gemäß Art 5 Abs 2 VO 1370/2007 nur in Form einer Dienstleistungskonzession möglich. Bei einer Vergabe als Dienstleistungsauftrag kommt hingegen das BVergG 2018 zur Anwendung. Demnach wäre eine Direktvergabe an kommunale Verkehrsbetriebe nur dann möglich, wenn diese ihre wirtschaftlichen Risiken in Form einer Dienstleistungskonzession selbst tragen.

 

Bundesminister Hofer kündigt Investitionen in den Öffentlichen Verkehr an.

Als Antwort auf den „Sachstandsbericht Mobilität“ des Umweltbundesamtes nennt Verkehrsminister Norbert Hofer  den Ausbau der Öffentlichen Verkehrsmittel und die Dekarbonisierung im Verkehr als die wirksamsten Maßnahmen zum Erreichen der Klimaziele. Dafür sind 13,9 Milliarden Euro im ÖBB-Rahmenplan 2018-2023 für Investitionen in die Schieneninfrastruktur geplant. Weitere jährliche Förderungen von mehr als 700 Millionen Euro für den Schienen-Personenverkehr und 100 Millionen Euro für den schienengebundenen Güterverkehr sind veranschlagt. Der Elektrifizierungsgrad der Strecken soll von derzeit knapp 74 auf 85 Prozent angehoben werden.
Ballungszentren wie Salzburg, Linz, Innsbruck und andere sollen durch die geplante Nahverkehrsmilliarde des BMVIT die Möglichkeit erhalten, vom Bund beim Ausbau des öffentlichen Verkehrsnetzes unterstützt zu werden. Die Nahverkehrsmilliarde soll 2020 kommen und Projekte fördern, die dekarbonisiert sind und über Stadtgrenzen hinaus wirken.
Der Erwerb emissionsfreier Fahrzeuge (batterie- und wasserstoff-elektrisch) sowie die Errichtung von Ladeinfrastruktur soll durch das E-Mobilitäts-Förderpaket durch die öffentliche Hand unterstützt und dadurch der Individualverkehr hin zur E-Mobilität verändert werden.
Ladestationen für Elektro- und Wasserstoff-Fahrzeuge entlang des hochrangigen Straßennetzes will das BMVIT gemeinsam mit der ASFINAG ausbauen. Der Einsatz von emissionsfreien Schwerfahrzeugen soll durch geringere Mauttarife ab 01.01.2020 gefördert werden.
Verkehrsminister Norbert Hofer spricht sich gegen Maßnahmen zum Nachteil von Autofahrenden, wie etwa flächendeckende Maut, City-Maut oder Geschwindigkeitsreduktionen auf 100 km/h auf Autobahnen und Schnellstraßen, und für Anreize und Förderungen aus.

 

Richtlinie über die Beschaffung sauberer Fahrzeuge durch Kommunen vom EP angenommen.

Das Europäische Parlament hat am 18. April 2019 in der letzten Plenarsitzung vor den EU-Wahlen der Richtlinie über die Förderung sauberer und energieeffizienter Straßenfahrzeuge im Zuge der öffentlichen Beschaffung zugestimmt. Das mit dem Rat erzielte Trilog-Ergebnis schreibt AuftraggeberInnen, die dem Vergaberecht unterliegen, gewisse Quoten an sauberen und emissionsfreien Fahrzeugen vor. Die Richtlinie umfasst somit vor allem Bund, Länder, Gemeinden und öffentliche Unternehmen. Neben dem Kauf müssen auch Leasing, Anmietung und Mietkauf von Straßenfahrzeugen sowie Dienstleistungsaufträge und öffentliche Personenverkehrsdienste auf der Straße die vorgegebenen Quoten erfüllen. Die überarbeitete Richtlinie gilt nun auch für Verkehrsdienste zur Post- und Paketbeförderung und die Müllabfuhr. Jeder Mitgliedsstaat muss im Zuge der öffentlichen Auftragsvergabe das Erreichen der länderspezifischen Beschaffungsquoten sicherstellen.

 

CO2-Emissionsnormen für neue Pkw und leichte Nutzfahrzeuge beschlossen.

Als Beitrag zum Erreichen der Klimaziele werden KraftfahrzeugherstellerInnen in die Pflicht genommen, durch die EU vorgegebene CO2-Emissionsnormen für neue Pkw und leichte Nutzfahrzeuge zu erfüllen. Mit der Verordnung, die der Rat am 15.04.2019 verabschiedet hat, soll sichergestellt werden, dass ab dem Jahr 2030 neue Pkw im Vergleich zum Jahr 2021 durchschnittlich 37,5 % weniger CO2 und neue Nutzfahrzeuge durchschnittlich 31 % weniger CO2 ausstoßen. Zwischen 2025 und 2029 muss bei Pkw und leichten Nutzfahrzeugen ein Rückgang der CO2-Emissionen um 15 % erreicht werden. Diese Zielvorgaben gelten für die gesamte EU-Fahrzeugflotte. Der CO2-Reduktionsaufwand wird auf die FahrzeugherstellerInnen auf Basis ihrer durchschnittlichen Fuhrparkgröße verteilt.

 

Einigung über Sicherheitsmanagement für Straßeninfrastruktur.

Das Europäische Parlament stimmte am 4. April 2019 einer Einigung mit dem Rat betreffend den Vorschlag zur Stärkung des Sicherheitsmanagements für die Straßeninfrastruktur zu. Mit dem Vorschlag wird eine netzweite Straßensicherheitsüberprüfung eingeführt, die eine Momentaufnahme des gesamten unter die Richtlinie fallenden Straßennetzes darstellt und zur Bewertung des Unfallrisikos herangezogen wird. Die systematische Berücksichtigung von FußgängerInnen, RadfahrerInnen und anderen verletzungsgefährdeten StraßenverkehrsteilnehmerInnen in den Verfahren für das Straßensicherheitsmanagement wird obligatorisch. Der Rat muss der Einigung noch förmlich zustimmen.
Die Richtlinie gilt für Straßen, die Teil des transeuropäischen Netzes sind, für Autobahnen und Fernstraßen, einschließlich Straßenabschnitte, die auf Brücken gebaut wurden, und Straßenabschnitte, die durch Tunnel führen (mit Ausnahme von Tunneln, die unter die Richtlinie 2004/54/EG fallen). Bei bestehenden und künftigen Verfahren für Straßenmarkierungen und Verkehrszeichen muss besonders auf die Lesbarkeit und Erkennbarkeit für menschliche FahrerInnen und automatisierte Fahrerassistenzsysteme geachtet werden. Eine von der Kommission eingesetzte Sachverständigengruppe bewertet spätestens bis Juni 2021 die Möglichkeit, gemeinsame Spezifikationen in dieser Hinsicht festzulegen.

 

 Regeln für Sicherheitseinrichtungen in Neuwagen.

Das Europäische Parlament stimmte am 16. April über Maßnahmen zur Verbesserung der Straßenverkehrssicherheit ab. Die Regeln schreiben diverse Sicherheitseinrichtungen in Neuwagen verbindlich vor. Demnach müssen alle Fahrzeuge, die am EU-Markt verkauft werden, künftig mit fortschrittlichen Sicherheitsausrüstungen ausgestattet sein. Ab Mai 2022 gelten die Vorgaben für alle neuen Fahrzeuge, während sie für bestehende Modelle erst ab Mai 2024 in Kraft treten. Zu den etwa 30 neuen lebensrettenden Technologien zählen unter anderem ein intelligenter Geschwindigkeitsassistent, eine Müdigkeitserkennung, eine Aufmerksamkeitswarnung sowie eine fortgeschrittene Fahrerablenkungswarnung und ein Notbremslicht. Die vom EP angenommene Verordnung wird nun dem EU-Ministerrat zur Billigung vorgelegt. Im Jahr 2018 waren in der EU etwa 25.100 Todesfälle bei Straßenverkehrsunfällen zu verzeichnen. Schätzungen zufolge kamen zu jedem Toten auf den Straßen der EU im vergangenen Jahr ungefähr fünf Mal so viele Schwerverletzte (rund 135.000) hinzu, so die vorläufigen Zahlen der Kommission.

 

Novelle der österreichischen Rechtsvorschrift für Automatisiertes Fahren.

Am 11. März 2019 ist eine Novelle der österreichischen AutomatFahrVO in Kraft getreten. Die neuen Regelungen legalisieren serienmäßige Fahrzeugfunktionen wie etwa das teil- bzw. hochautomatisierte Fahren auf der Autobahn oder automatisierte Einparkhilfen. Verkehrsunternehmen und BetreiberInnen von Kraftfahrlinien dürfen "autonome Busse" bis zu einer Höchstgeschwindigkeit von 20 km/h in vorgegebenen Anwendungsfällen testen. Automatisierte und autonome Anwendungsfälle dürfen in Österreich weiterhin nur erprobt und getestet werden.

 

Die Europäische Kommission ortet für Österreich vier Herausforderungen im Verkehrssektor.

In ihrer EU-weiten Untersuchung zu aktuellen Entwicklungen der Verkehrspolitik der Mitgliedstaaten ortet die EU-Kommission für Österreich vier zentrale Herausforderungen: den Ausbau alternativer Antriebe, die Verkehrssicherheit, die Wettbewerbssituation im Schienenverkehr sowie die Schiffbarkeit der Donau. Beim Infrastrukturausbau sowie dessen Qualität liegt Österreich im Spitzenfeld. Mit Ausnahme der Hochgeschwindigkeitsbahn ist die Fertigstellung des TEN-T-Kernnetzes in Österreich auf gutem Weg. Gleiches gilt für die Kundenzufriedenheit im öffentlichen Verkehr. Der Schienengüterverkehrsmarkt hat sich stärker für den Wettbewerb geöffnet als der Personenverkehrsmarkt. Handlungsbedarf wird vor allem bei der Vermeidung von Motorradunfällen sowie bei der sicheren Schiffbarkeit der Donau gesehen.

 

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