VÖWG - Wirtschaft Spezial, No. 01 - 2019                

Ich freue mich, das aktuelle Wirtschaft Spezial des Verbandes der öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft Österreichs (VÖWG) zu präsentieren. Darin finden sich Kurznachrichten mit Relevanz für den Wirtschaftssektor.

Gemeinsam mit meinem Team wünsche ich eine angenehme Lektüre!

Heidrun Maier-de Kruijff 

Wirtschaftsprognosen 2019-2020

Wachstum: Nachdem 2018, ein Jahr des wirtschaftlichen Aufschwungs, mit einem BIP-Wachstum von 2,7 Prozent seinen Höhepunkt erreichte, droht die österreichische Konjunktur in den kommenden Jahren abzukühlen. In Anbetracht zunehmender wirtschaftlicher Unsicherheit durch einen möglichen ungeregelten Brexit und Handelskonflikten, reagieren die Unternehmen zunehmend verhalten bei der Expansion ihrer Investitionstätigkeiten. Prognosen für 2019 und 2020 rechnen deswegen mit einem Wachstum in Österreich von 2,0 % (WIFO) bzw. 1,7 % (IHS) und 1,8 % (WIFO) bzw. 1,6 % (IHS).

Konsum & Inflation: Gestüzt wird das Wachstum weiterhin wesentlich durch den privaten Konsum der Haushalte, der durch die abgeschlossenen, über den Erwartungen liegenden, Herbstlohnrunden 2018 und durch das hohe KonsumentInnenvertrauen gestärkt wird. Schätzungen gehen von einem Konsumwachstum von 1,5 % (IHS) im Jahr 2019 und von 1,4 % (IHS) im Jahr 2020 aus. Die Inflation von ca. 2,2 % wurde in den letzten Monaten durch die hohen Energiepreise angetrieben. 2019 und 2020 rechnet man weiterhin mit einem Preisanstieg von 2,1 % (WIFO) bzw. 2,0 % (IHS).

Arbeitsmarkt: Die Lage am Arbeitsmarkt soll auch überdies durch einen Rückgang der Arbeitslosigkeit und eine Steigerung der Beschäftigung geprägt sein. Jedoch verlangsamt sich dieser Rückgang, aufgrund der abgeschwächten Konjunktur zunehmend. Betrug die Arbeitslosigkeit 2018 laut nationaler Definition noch 7,7 % soll sie 2019 auf 7,4 % (IHS) bzw. 7,3 % (WIFO) und 2020 auf 7,4 % (IHS) bzw. 7,2 % (WIFO) sinken.

 

"InvestEU" - Investitionsoffensive für Europa nimmt Hürde im Europaparlament

Das Europäische Parlament stimmte am 16.01.2019 in erster Lesung dem neuen Investitionsprogramm der Europäischen Kommission mit Abänderungsanträgen zu. Zwischen 2021 und 2027 soll der Fonds "InvestEU" - zusammengesetzt aus mehreren Finanzierungsinstrumenten und der Nachfolger des Europäischen Fonds für strategische Investitionen, auch bekannt als Juncker-Plan - Investitionen von über 650 Milliarden Euro zusätzlich lukrieren. Der zuständige Haushaltsausschuss wird demnächst die Verhandlungen mit dem Rat der Europäischen Union aufnehmen, um eine baldige Einigung zu erzielen. Die Abänderungsanträge des EP sehen folgende Anpassungen vor:

  • Die EU-Budget Garantien sollen 40,8 Milliarden Euro (statt 38 Milliarden Euro) betragen.
  • Die Investitionen sollen an klar definierte Ziele angeknüpft werden (ökonomische, territoriale, soziale Kohäsion; EU-Arbeitslosenrate etc.).
  • 40 % der Förderungen sollen zur Verwicklichung der Klimaziele beitragen.
  • Einsetzung eines Lenkungsausschusses, um ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Politik und Bankerfahrung bei der Durchführung des Programms zu gewährleisten

Kommission fordert Debatte über Einstimmigkeitsprinzip in Steuerfragen

Entscheidungen in Steuerfragen können derzeit im Rat der Europäischen Union nur einstimmig getroffen werden. In Kombination mit nationalen Interessen führt dies zu zahlreichen offenen Baustellen im Steuerbereich. Maßnahmen, wie eine Körperschaftssteuer-Bemessungsgrundlage, die Digitalsteuer und ein einheitliches Mehrwertsteuersystem, würden der Europäischen Union nicht nur Kosten in Milliardenhöhe ersparen, sondern auch Wettbewerbsneutralität schaffen. Eine Möglichkeit diese Einstimmigkeit zu umgehen ist laut Verträgen die Nutzung passereller Klauseln. Mit Zustimmung aller nationalen Parlamente kann der Rat der Europäischen Union von der Einstimmigkeit abweichen. Mit Hilfe dieses Ansatzes präsentierte die Europäische Kommission den Mitgliedsstaaten einen Fahrplan, der vier Schritte vorsieht:

  1. Die Abkehr von der Einstimmigkeit bei Maßnahmen, die sich primär auf Steuervermeidung und -hinterziehung beziehen.
  2. Die Abkehr von der Einstimmigkeit bei Maßnahmen, die steuerliche Aspekte in der Umweltpolitik, in der Gesundheitspolitik und im Transportwesen betreffen.
  3. Die Abkehr von der Einstimmigkeit bei Maßnahmen, die schon weitgehende harmonsierte Bereiche betreffen, wie das Mehrwertsteuersystem.
  4. Die Abkehr von der Einstimmigkeit bei Maßnahmen, die weitreichende Steuerfragen betreffen, wie die Einführung einer gemeinsamen konsolidierten Körperschaftssteuerbemessungsgrundlage

Die Wahrscheinlichkeit, dass alle EU-Staaten dem Vorschlag zustimmen werden, ist momentan gering. Irland, Schweden, Malta und Zypern sprachen sich bereits dagegen aus. Unterstützend äußerten sich Frankreich, Spanien, Italien und Portugal.

 

Google, Facebook & Co. - Kein Durchbruch bei EU-weiter Besteuerung

Wie geht es weiter mit der Besteuerung der Digitalökonomie? Im Rahmen der österreichischen Ratspräsidentschaft gab es hierzu noch keine Einigung bei der Einführung einer Digitalsteuer von 3 %, sowie bei der Etablierung einer Definition für "digitale Betriebsstätte". Lediglich eine gemeinsame deutsch-französische Erklärung wurde abgegeben, dass man sich eine baldige Umsetzung der Richtlinien erwartet. Es wird sich zeigen, ob während der rumänischen Präsidentschaft eine Einigung zustande kommen wird. Denn in Steuerfragen gilt das Einstimmigkeitsprinzip des Rats der Europäischen Union. Das Europäische Parlament hat hier lediglich nur die Möglichkeit mit Stellungnahmen Einfluss zu nehmen.

 

Folgen eines harten Brexit

Nachdem der Scheidungsvertrag zwischen der EU und Großbritannien im britischen Unterhaus gescheitert ist, rückt ein "No-Deal"-Szenario immer näher. Doch welche Folgen könnte ein sogenannter "harter Brexit" für die Europäische Union und Großbritannien haben? Die EU ist für Großbritannien der größte Markt. 44 % der Exporte fließen in die EU und 53 % der Importe kommen aus der EU. 2017 verzeichnete Großbritannien zudem ein Leistungsbilanzdefizit von 67 Milliarden Pfund mit der EU. Schätzungen zufolge wuchs die britische Wirtschaft 2018 um 1,2 % des BIP weniger als ohne Brexit. Das sind Kosten von 24 Milliarden Pfund oder 870 Pfund pro Haushalt pro Jahr. Ein No-Deal-Brexit würde zusätzlich laut IWF 4 % des britischen BIP kosten, im Vergleich zu 1,5 % Verlust für die EU bis 2030. Die Bank of England publiziert einen höchst umstritten Bericht mit der Warnung, dass ein No-Deal Brexit zu einem schlimmeren Ausgang führen kann als die Krise 2008. Schätzungen dazu gehen von einem Rückgang des britischen BIP von 8 %, einem Rückgang der Hauspreise um 30 %, einer steigenden Arbeitslosigkeit, und einer steigenden Inflation von 6,5 % aus.

 

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