VÖWG - Verkehr Spezial, No.11/2015

 

Ich freue mich, das aktuelle Verkehr Spezial des Verbandes der öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft Österreichs (VÖWG) zu präsentieren. Darin finden sich Kurznachrichten mit Relevanz für den Verkehrssektor.

Gemeinsam mit meinem Team wünsche ich eine angenehme Lektüre!

Heidrun Maier-de Kruijff

Oslo bis 2019 autofrei - Die neu gewählte Osloer Stadtregierung bestehend aus Sozialdemokraten, Grünen und Linkspartei, stellte ihren Plan vor, in nur drei Jahren die gesamte Innenstadt für PKWs zu sperren. Davon profitieren laut Studien vor allem der Handel und die Gastronomie, aber auch die Gesundheit der AnrainerInnen, werden doch deutlich weniger Verkehrsunfälle mit Personenschaden prognostiziert. Gleichzeitig werden das Bus-, Tram- und Ubahnnetz verstärkt, und 60 km neue räumlich von Fußgängern getrennte Radwege errichtet. Lösungen für den Zulieferverkehr und Personen mit eingeschränkter Mobilität werden in dem Plan enthalten sein. Wird der Plan bis 2019 Wirklichkeit, dann würde Oslo zur ersten autofreien Hauptstadt Europas, und die Hauptstadt des großen Erdöl- und Gasexporteurs zur Klimavorzeigestadt.

Mineralölsteuer - In ihrer Publikation "Wirtschaftsausblick 2015" empfiehlt die OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) Österreich wegen des starken Anstiegs der Treibhausgasemissionen im Verkehrsbereich  die Mineralölsteuer anzuheben. Von 1990 bis 2012 sind die CO2-Emissionen im Verkehrsbereich um 54 Prozent gestiegen. Neben einer Anhebung der Mineralölsteuer (MöSt) plädiert die OECD dafür, Steuerbegünstigungen für energieintensive Branchen abzuschaffen. Allgemein weist die Organisation darauf hin, dass Österreich Verbesserungen bei der Klimaschutzbilanz aufgrund umfassender Zukäufe von CO2-Zertifikaten erreicht habe. In Zukunft sollten inländische Maßnahmen Priorität haben, empfiehlt die OECD. Mit  dem Vorschlag trifft die Organisation einen empfindlichen Nerv, denn einerseits profitiert Österreich von den im EU-Vergleich niedrigen Spritpreisen, andererseits belastet der dadurch ausgelöste Tanktourismus die Klimabilanz. Der Straßenverkehr ist mit 28 Prozent die größte Quelle an Treibhausgasemissionen, der Ausstoß stieg von 1990 bis 2013 von 13,3 auf 21,8 Millionen Tonnen. Unklar bleibt wie groß der Einspareffekt durch höhere Mineralölsteuern ausfallen würde, und ob eine Attraktivierung des öffentlichen Verkehrs nicht mehr Menschen zum Umsteigen bewegen würde.

Elektromobilität für Vorarlberg - Im Oktober beschloss Vorarlberg eine Elektromobilitätsstrategie mit 32 Maßnahmen. Mit den Maßnahmen will die Landesregierung erreichen, dass der Energieverbrauch beim Verkehr um 20 Prozent und die CO2-Emissionen um 22 Prozent bis 2020 (im Vergleich zu 2005) gesenkt werden. Vor allem soll bis zum Jahr 2020 die Zahl der Elektroautos im Lande von derzeit gut 500 auf bis zu 10.000 gesteigert werden und der mit E-Bikes zurückgelegte Wegeanteil verdoppelt werden. Elektromobilität soll Schritt für Schritt zu einem Teil des Alltags in Vorarlberg werden. Aufgrund seiner Kleinheit und den vorwiegend kurzen Entfernungen, die mit umweltfreundlichen, elektrisch betriebenen Fahrzeugen bestens bewältigt werden können, und aufgrund seines klimafreundlichen Stroms aus Wasserkraft, ist Vorarlberg als Modellregion für die Elektromobilität geradezu ideal geeignet. Voraussetzung dafür, dass die ehrgeizigen Ziele erreicht werden können, ist, dass die Batterientechnik Fortschritte macht und die Kosten weiter sinken. Die Elektromobilitätsstrategie Vorarlbergs ist hier abrufbar.

Drei neue Güterverkehrskorridore - Im Oktober wurden drei neue Korridore für den Schienengüterverkehr (RFCs -  Rail freight corridors) fertiggestellt: der Skandinavien - Mittelmeer Korridor, der Baltisch-Adriatische Korridor und der Nordsee-Baltische Korridor. Gemeinsam mit sechs weiteren bereits in Betrieb befindlichen Schienengüterverkehrskorridoren stellen diese das umweltfreundliche Rückgrat des europäischen Gütertransports dar. Insgesamt verlaufen vier Schienenkorridore durch Österreich: der Skandinavien-Mittelmeer Korridor, der Baltisch-Adriatische Korridor, der Rhein-Donau Korridor und der Orient Korridor. Die Güterverkehrskorridore werden aus Mitteln der Kohäsionsfonds, der Regionalentwicklung und der Connecting Europe Facility der Europäischen Kommission kofinanziert.

 Verkehrstote 2015 – Seit Jahresbeginn sind auf Österreichs Straßen mehr als 400 Menschen ums Leben gekommen. Bis 1. November gab es nach vorläufigen Zahlen des Innenministeriums 404 Verkehrstote. Im gleichen Zeitraum des Jahres 2014 waren 25 Menschen weniger bei Verkehrsunfällen gestorben (379). Im Vergleich zum Vorjahr entspricht das für das Jahr 2015 bis 1. November einer Steigerung von 6,6%. Im Jahr 2013 hatte es bis 1. November 393 Todesopfer im Straßenverkehr gegeben.

Luftfahrt - Der chinesische Flugzeughersteller COMAC präsentierte am 1. November mit dem C919 seinen ersten  selbst produzierten Mittelstreckenpassagierjet, der in einer feierlichen Zeremonie in Shanghai aus der Fertigungshalle rollte. Der 168 Passagiere fassende Jet mit einer Reichweite von 5.555 km, ist das erste in China gebaute und entwickelte moderne Mittelstreckenpassagierflugzeug. Es ist das Ergebnis jahrelanger staatlicher Anstrengungen in die Königsdisziplin des Flugzeugbaus vorzudringen. Lediglich bei den Triebwerken wird Hilfe vom französisch-amerikanischem CFM Konzern angenommen. COMAC dringt mit der C919 in einen hart umkämpften Markt ein, in  dem sich neben dem europäischen Airbus Konzern und der amerikanischen Firma Boeing auch die erfolgreiche kanadische Firma Bombardier und der brasilianische Hersteller Embraer tummeln. Mit über 500 bestätigten Bestellungen, den meisten davon aus China, kann COMAC dem für 2017 geplanten Jungfernflug gelassen entgegenblicken.

TGV entgleist - Beim bisher schwersten Unglück eines französischen Hochgeschwindigkeitszugs TGV sind am 14.11. nahe Strassburg bei einer Testfahrt mindestens elf Menschen getötet worden. Es ist das erste tödliche Unglück mit einem TGV, seit die Schnellzüge 1981 ihren Dienst aufnahmen. Der Bahnchef betonte, dass sich ein solcher Unfall im Normalbetrieb nicht ereignen könne - es gebe automatische Sicherheitssysteme, die bei Testfahrten nicht aktiv seien. Die Auswertung der Blackboxen des Zuges habe gezeigt, dass der Zug beim Wechsel von der Hochgeschwindigkeitstrasse auf die traditionelle Bahntrasse an der Unfallstelle mit 265 Stundenkilometern statt mit 176 Stundenkilometern unterwegs gewesen sei, teilte die SNCF mit. Hindernisse auf der Strecke habe es nicht gegeben, auch habe kein technisches Material versagt. Als das Unglück passierte, befanden sich 53 Menschen an Bord des Zuges. Im Führerhaus hätten sich sieben statt der erlaubten vier Personen aufgehalten. Die Fahrt am sollte eine der letzten Testfahren auf der Strecke sein; zuvor waren dort bereits rund 200 Fahrten durchgeführt worden. Ob die Strecke wie geplant im April 2016 geöffnet werden kann, ist noch unklar.

Strom-LKW - Der Güterverkehr in Deutschland wächst. Doch nur einen Teil dieses Zuwachses kann die Schiene übernehmen. Lkw-Strecken unter Strom könnten helfen, mehr Transporte ohne zusätzlichen CO2-Ausstoß zu bewältigen. Eine Oberleitung wird über der rechten Fahrspur installiert, und mit einem Stromabnehmer ausgerüstete Hybrid LKWs können den Teil der Strecke elektrisch fahren, und gleichzeitig ihre Batterien laden. Der Ausgangspunkt war die Frage: Wie kann der wachsende Güterverkehr bewältigt werden, ohne gleichzeitig den Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid weiter in die Höhe zu treiben? In Deutschland rechnet die Regierung mit einem Plus von rund 40 Prozent im Zeitraum 2010 bis 2030. Nach dieser Prognose wird die Güterbahn aber nur ein Fünftel des Zuwachses übernehmen können. Die meisten Transporte kommen auf die Straße. Vor allem, wenn der Strom aus erneuerbaren Energien wie Solar- oder Windkraft kommt erscheinen deshalb LKWs mit E-Antrieb als effiziente und klimafreundliche Lösung. Ab 2017 soll auf einem längeren Autobahnabschnitt in Deutschland der erste elektrische LKW-Fahrstreifen gebaut werden. 

Eisenbahnkreuzungen - Österreichische Bundesbahnen und der Fachverband Fahrschulen der Wirtschaftskammer Österreich setzen auf verstärkte Zusammenarbeit beim Thema richtiges Verhalten vor Eisenbahnkreuzungen. Eisenbahnkreuzungen sind ein Hotspot für Straßenverkehrsunfälle – Ursache ist fast immer Unachtsamkeit durch die StraßenverkehrsteilnehmerInnen. 2014 kam es in Österreich zu mehr als hundert Unfällen auf Eisenbahnkreuzungen, einige davon mit tödlichem Ausgang. Im Rahmen der jüngsten Fachverbandstagung informierte ein Mitarbeiter der ÖBB-Infrastruktur die Fahrschulbesitzer über Unfallrisiken und Sicherheitsvorkehrungen an Eisenbahnkreuzungen und stand den Zuhörern Rede und Antwort. Sensibilisierung der FahrschülerInnen ist der erste Schritt. Ziel der Kooperation ist es, dass Fahrschulen bereits in der Ausbildung der StraßenverkehrsteilnehmerInnen auf die besondere Situation an Eisenbahnkreuzungen hinweisen. Auch im Zuge der Neu-Überarbeitung der Führerscheinprüfungsfragen wird dem sicheren Passieren von Eisenbahnkreuzungen künftig noch mehr Gewicht gegeben. Die ÖBB-Infrastruktur AG hat in den letzten 10 Jahren rd. 25 Mio. Euro jährlich in die weitere Verbesserung der Sicherheit bei Eisenbahnkreuzungen investiert – dabei wurden 75 % der Kosten von Bund und ÖBB getragen, der restliche Anteil von Ländern und Gemeinden.

Erfolgreiche Petition - Die Petition Taming Aviation („Zähmung der Luftfahrt“) hat nach ihrer Zulassung nun die zweite Hürde erfolgreich genommen. Sie wurde am 12. November im Petitionsausschuss des EU-Parlaments in Brüssel behandelt und von diesem an den Verkehrsausschuss und den Umweltausschuss übergeben. Die Petition Taming Aviation verlangt ein Ende der Steuerprivilegien der Luftfahrt (Umsatzsteuerbefreiung mit Vorsteuerabzug, Energiesteuerbefreiung), ein Ende der staatlichen Subventionen an die Luftfahrt und ein europaweites Nachtflugverbot. Die Petition wird von mehr als 140 BürgerInneninitiativen aus 10 EU-Staaten unterstützt. "Angesichts der Stärke ihrer Lobby versteht es die Luftfahrt, sich in einem guten Licht zu präsentieren. Kaum jemandem ist bewusst, dass in Österreich Grundnahrungsmittel wie Milch oder Brot einer höheren Steuerbelastung unterliegen als Flugtickets!“ erklärt die Initiatorin Dr. Susanne Heger Rechtsanwältin aus Österreich.

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